Der Herbst steht vor der Tür, und normalerweise wird mit den kürzeren Tagen auch die Thermik eher schwächer. Doch zwei Tage vor dem Training sah die Wetterprognose trotzdem sehr gut aus. Am Nachmittag sollte die Wolkenbasis auf über 3000 m sein, und die Thermik sollte uns mit 3 Metern pro Sekunde auf diese Höhe befördern. Deshalb schmiedeten Stefan, Christopher und Chrigel den Plan, zuerst am Niesen in einem Theorieteil über die Zukunft der Academy zu diskutieren und danach nach Fiesch zu fliegen.
Die Sportlichsten unter uns trafen sich bereits um 7:00 Uhr in Wimmis und liefen von dort auf den Niesen. Alle anderen, darunter auch ich, fuhren mit der Bahn hoch. Dort besprachen wir unter Christophers Leitung über zwei Stunden intensiv, wie es mit unserer Gruppe weitergehen wird. Dies war sehr spannend, und alle freuen sich sehr auf die Zukunft, auch wenn noch viel Arbeit vor uns liegt.
Um 12 Uhr waren noch nicht alle Gipfel der Niesenkette ausserhalb der Wolken, und so überlegten wir, welche Optionen es gab. Der kürzeste Weg über die Gemmi sah sehr schwierig aus. Deshalb entschieden wir uns dafür, in die Lenk zu fliegen, um von dort über den Ralwilpass ins Wallis zu queren. Wenn die Basis dafür zu niedrig gewesen wäre, wollten wir über den Sanetsch oder als letzte Option nach Les Diablerets queren. Mit diesem Wissen starteten wir und versuchten, Chrigel zu folgen. In der Lenk konnten die ersten tatsächlich über den Ralwilpass nach Crans Montana fliegen und von dort nach Fiesch. Die Verhältnisse waren nicht einfach; der Wind kam von überall, die Thermik war sehr zyklisch, und um aufzusteigen, brauchte man viel Geduld und Glück. Diejenigen, die vor Fiesch am Boden standen, reisten mit dem Zug dorthin.
Bei einem gemütlichen Abendessen planten wir den nächsten Tag. Dabei fiel uns auf, dass unterschiedliche Wettermodelle sehr unterschiedliche Prognosen lieferten. Das Cosmo-Modell von Meteo Schweiz prognostizierte sehr wenige hohe Wolken. Hingegen das Icon-Modell, welches die Grundlage der Burnair-Wetterprognose ist, prognostizierte sehr viele hohe Wolken. Wir interpretierten dies so, dass es Wolken geben könnte oder auch nicht, und wir entsprechend flexibel sein mussten. So beschlossen wir, zuerst einen kurzen Task zu fliegen, um zu analysieren, was man wo effizienter hätte machen können, und diese Fehler dann in einem zweiten Durchgang zu korrigieren. Anschliessend wollten wir zurück ins Berner Oberland fliegen.
Am nächsten Morgen liefen diejenigen, die noch fit und motiviert waren, von Fiesch auf die Fiescheralp. Oben trafen wir uns dann und überlegten, wohin uns der Task führen sollte. Hohe Wolken gab es, und die Sonneneinstrahlung war spürbar gedämpft, trotzdem gab es Thermik. So beschlossen wir, einen kürzeren Task zu fliegen. Im Gegensatz zu Hike-and-Fly-Rennen startet ein reiner Gleitschirmwettkampf nicht am Boden, sondern zu einer gewissen Zeit in der Luft. So hatte jeder die Möglichkeit, sich vor der Startlinie optimal zu positionieren. Da ich noch Probleme mit meinem Beschleuniger hatte, musste ich vor dem Start in der Luft nochmals landen. Deshalb kam ich während des gesamten Tasks nie richtig hoch, denn die guten Thermikblasen waren oft nur kurz. So gewann ich im guten Steigen an Höhe und flog dann weiter. Trotzdem drehte ich in jedem Steigen einen Kreis, um herauszufinden, wie gut das Steigen wirklich war. Denn ich konnte es mir nicht leisten, eine gute Thermik nicht auszudrehen. Diejenigen über mir konnte ich nicht wirklich einholen, trotzdem lernte ich sehr viel. Anschliessend machten wir ein Debriefing und überlegten, was wir als Nächstes tun wollten.
Da die Thermik nicht sehr stark war und die Uhr bereits 14 Uhr anzeigte, beschlossen wir als Gruppe, in Richtung Berner Oberland zu fliegen. Am Lötschenpass rechneten wir mit Nordwind. Dies bedeutete für uns, dass wir gegen den Wind in grossem Sinken fliegen mussten. Zudem wäre an der Südseite vom Lötschenpass die Thermik sehr turbulent oder gar nicht erst vorhanden. Aus diesen Gründen wollten wir über die Wetterlücke beim Lauterbrunner Breithorn ins Berner Oberland fliegen. Vor dem Start verabschiedeten wir uns voneinander, denn nach der Landung hatten wir keine Pläne mehr.
Über dem Bettmerhorn warteten wir, bis alle da waren, und dann ging es über den Aletschgletscher. Dort trennten sich unsere Wege. Einige konnten sehr gut Höhe machen und flogen direkt ins Lötschental. Andere hatten einfach Pech, und wieder andere, eigentlich nur ich, suchten einen besseren Thermikschlauch, fanden aber nur schlechtere. Trotzdem genoss ich es, über all die Felsen und Gletscher zu fliegen. Orte, zu denen man normalerweise stundenlang laufen muss, können wir einfach mit einem Stück Stoff und ein paar Leinen überfliegen. Was gibt es Schöneres? Danke an alle, die dabei waren, für diese spannenden zwei Tage. Ein besonderes Dankeschön gebührt Stefan, Christoph und Chrigel fürs Organisieren und Planen.
Bericht von Cedric Hofer